Freitag, 7. Januar 2011

liturgischer tanz

drüben beim herrn alipius gibts unter dem titel "Flashmob des Grauens" ein video anzusehen, das manchen die zehennägel aufzurollen scheint, wenn man sich die kommentare anschaut.

um das gleich vorab klar zu stellen: das ist nicht meine form des gotteslobs, und ich würde auch vermutlich nicht in gottesdienste gehen, von denen ich vorab weiß, dass da sowas passiert, schon allein, weil ich sakro-pop echt nicht leiden kann. auch dass ein priester in amtskleidung sich aus gründen der amtswürde an derlei tänzen nicht beteiligen sollte, liegt auf der hand.

aber.

wie gesagt, die kommentare drüben geben ein recht klares meinungsbild ab, das von eher haptischen äußerungen gegenperistaltischer prägung ("*würg*") über ironische sentenzen ("Immerhin ist die "Gebets"-Richtung korrekt ;-)") bis hin zu verschwörungstheorien ("Bestimmt eine hinterhältige Aktion der gemeinen Piusbrüder ...") reicht. so lange hinter derlei äußerungen geschmacksurteile stehen, die letzten endes darauf hinaus laufen, dass man sich mit dieser form des gotteslobs nicht wohl fühlen mag, geht das alles ja auch noch an.

leider findet sich aber auch abschätziges wie das hier:
Also - ich kann es schon deshalb nicht o.k. finden, weil nirgendwo berichtet worden ist, dass auf Golgotha ... getanzt wurde.
Ist denn nun die Kirche der Ort, wo das Kreuzesopfer unblutig erneuert wird, oder ist sie das nicht?
Es ist jedenfalls nicht Salomos Tempel, in dem getanzt werden durfte.
Abgesehen davon: es ist unschön und dumm, auch außerhalb der Kirche.
stimmt: auf golgotha wurde (wahrscheinlich) nicht getanzt. dort wurden aber (wahrscheinlich) auch keine gregorianischen choräle gesungen, oder ein responsoriales halleluja. machen wir trotzdem in der kirche. komisch.

stimmt: die kirche ist der ort, wo das kreuzesopfer unblutig erneuert wird. sie ist aber bitteschön auch und besonders der ort, wo die auferstehung des herrn freudig gefeiert wird. wenn man ernsthaft diesen aspekt der freude aus dem katholizismus wegreden möchte, ist diese religion doch flugs eines elementaren bestandteils beraubt. verkürzt dargestellt, ist tanz eine möglichkeit des ausdrucks, und freude kann solcherart auch ausgedrückt werden. "lobt ihn mit pauken und tanz, lobt ihn mit flöten und saitenspiel" (150,4). wer ist wohl mit "ihn" gemeint?

salomos tempel war nun auch nicht gerade eine katholische einrichtung, und obiger psalmvers möge bitte noch einmal berücksichtigt werden.

und "unschön und dumm": unschön - vielleicht (wie gesagt, meine form ist es auch nicht), aber dumm? das ist ziemlich herablassend und spricht jenen tänzern, die einfach eine andere ausdrucksweise für das darbringen von lobpreis haben, ab, dass sie das, was sie tun, ernst meinen und verstehen. solcherart hochnäsige äußerungen gibt es bei uns leider ziemlich oft, auch und gerne dann, wenn es um das thema ordentliche vs. außerordentliche form geht. man fühlt sich da gerne mal besonders heilig (oder so), weil man die dinge nun einmal so und nicht anders macht.

liebe schwestern und brüder: wir alle haben grund zur freude. wir haben nur nicht dieselben ausdrucksweisen. (kirchenmusikalisch gesehen, klingt freude bei max reger auch anders als bei olivier messiaen: hie spätromantisch/bachisch und wuchtig, dort ekstatisch-leuchtend. geht aber beides monstermäßig ab.)

... und wenn man sich das video mal aufmerksam anschaut, wird man sehen, dass die flashmob-freude durchaus ansteckend wirkt (und nicht nur auf den priester). ist das schlecht? freude zu empfinden und auch zu äußern?

nach all dem ärger gab es aber auch einen kommentar von alipius selbst, auf den ich auch noch gern eingehen möchte.

zunächst zum flashmob-aspekt. alipius dazu:
Für mich duftet das wieder mal nach einer dieser "Ich, ich, ich"-Aktionen in der Kirche, wo man schon noch irgendwie etwas zur Verherrlichung Gottes zu tun glaubt, aber letztlich dann doch schwer scheinwerfer- und rampenlicht-taugliche Inszenierungen abliefert, bei denen der Aufwand/Nutzen-Vergleich nicht einleuchtet.
also, ein flashmob ist mal ganz bestimmt nicht von "Ich, ich, ich"-gedanken geprägt, sonst wäre der flashmobber ziemlich allein. flashmobs sind quasi definitionsgemäß "wir, wir, wir"-veranstaltungen. ich lasse allenfalls ein "ich auch, ich auch, ich auch" durchgehen. ;-)

aber zugegeben: aufdrängen sollte man sich anderen damit nicht. dem kritikpunkt stimme ich zu.

alipius weiter:
Das ist jetzt zwar nur eine vager Verdacht, aber ich interessierte mich schon dafür, ob die Teilnehmer dieser Aktion ebensoviel Zeit für persönliches Gebet aufbringen, wie für Tanzproben.
weiß mans? das ist sehr geschickt formuliert: die direkte unterstellung, jemand, der tanz-flashmobs wie diesen plane, meine es mit dem glauben nicht ernst, ist noch nicht einmal richtig angedeutet. aber sie grinst um die ecke, und ich finde, das müssen die tänzer selbst wissen. es ist nicht unsere sache, sie zu verurteilen (oder eine verurteilung auch nur maximal verbrämt anzudeuten).

alipius abschließend:
Klar darf man so etwas okay finden, aber mein persönlicher Geschmack und nicht ungewichtige kirchliche Stimmen sagen mir, daß solche Nummern in einer Heiligen Messe nur bedingt etwas zu suchen haben.
hm. ja, den geschmack erkenne ich voll und ganz an, aber das autoritätsargument ist echt zu einfach. was ist dann mit messen in gemeinden, deren mitglieder überwiegend z.b. amerikaner mit afrikanischen wurzeln (um das mal bemüht politisch korrekt auszudrücken) sind? tanz ist da weit verbreitet, und schlagen sotane autoritäten drein? missbilligen sie es?

"wo zwei oder drei in meinem namen beisammen sind ..."

was man alles so taufen kann ...

in hamburg ereignete sich kürzlich glückhaft ausgegangenes: jemand ließ in einem rollkoffer vor dem kongresszentrum am dammtor-bahnhof ein neugeborenes mädchen zurück. gottlob wurde der portier auf den koffer aufmerksam gemacht und stellte ihn nicht sofort in die abstellkammer zum vergessenen gepäck, sondern wurde auf ein wimmern aus dem koffer aufmerksam, woraufhin er ihn öffnete. die kleine marie (so wurde das findelkind genannt) ist – gott und dem mann, der den portier auf den koffer hinwies – sei es gedankt, wohlauf.

nun hat sich spiegel online heute einen klops geleistet:


der artikel ist hier, aber wer weiß, wie lange der lustige fehler noch drin ist, daher der screenshot. was aus dem artikel auch hervorgeht, ist, dass wohl die kameras am dammtor-bahnhof einen mann mit einem gepäckstück aufgenommen haben, welches dem vor dem kongresszentrum gefundenen koffer sehr ähnelt.

frage am rande: haben die krankenschwestern die kleine marie getauft, oder ihr nur einen namen gegeben?