Montag, 27. Dezember 2010

bin ich ein internet-taliban?

... hoffentlich nicht. das wird unten vielleicht klarer. ;-)

ich wurde das, sicherlich augenzwinkernd, in einem der willkommensgrüße gefragt, die mir die blogözese netter weise hat zukommen lassen.

nun, was ist der kleinschreiber für einer, und warum hat sein blog-titel so eine komische orthographie mit leer- vor satzzeichen und einem deplatziert scheinenden doppelpunkt in der mitte?

zuerst zum blog-titel. der ist eindeutig abgekupfert von einem, nun ja, traktat arno schmidts, betitelt Atheist ? : Allerdings !. er legt da seine ganz persönlichen gründe für seine glaubensrichtung dar, und zusammengefasst ist da inhaltlich nicht viel neues drin, nur kommt das ganze sprachlich etwas geschliffener daher als sonst vieles - denn schreiben konnte der! und wie! in seiner (t)rotzigkeit schien mir der titel nun in abgewandelter form recht passend für mein blog.

das mit der rotzigkeit erklärt sich quasi von selbst: wenn ein atheist das darf, warum dann nicht auch ein christ? muss man sich denn immer brav wegducken und alle deutlichen worte vermeiden? och nö.

der trotzigkeits-aspekt braucht ein paar mehr worte. was ist man denn als christ, als katholik gar, heutzutage und hierzulande? etwas übertrieben dargestellt doch bestenfalls ein mild belächeltes relikt, das sich weigert, dem zeitgeist hinterherzuhecheln, und das mehr oder weniger regelmäßig veranstaltungen besucht, bei denen komisch angezogene leute irgendwelche okkulten rituale vollziehen - immerhin manchmal mit weihrauch, geil! ein stück weit ist man in dieser rolle auch eine art wellenbrecher, wenn man sich denn den anfechtungen zu stellen bereit ist und sich nicht wegduckt.

ich bin mit dem katholizismus groß geworden, hatte auch meine kommunistisch-atheistische phase (ach ja, die studienzeit ...), bin aber irgendwann zu dem schluss gekommen, dass das nicht zum erfüllen taugt. die wieder-beschäftigung mit meiner früh angetauften konfession führte dann zu einer deutlichen vertiefung, und da bin ich nun.

der prozess ist noch lange nicht abgeschlossen: mein glaube bzw. mein verhältnis dazu ist nicht "fertig". ganz sicher bin ich nicht zu 100 % "romtreu". der einsatz des denkorgans zum gottgegebenen zweck zieht, zumindest was mich angeht, reibungsverluste nach sich. eigentlich ist das eine permanente verortung (wie ein soziologe wohl sagen würde) - wer weiß, vielleicht kommt das auch mal zur ruhe. ich bin gespannt, wie das dann aussieht.

unterm strich kann ich nur sagen, dass mir das katholikendasein sehr viel (lebens)freude bereitet. unsereins hat allen grund dazu. wie ist das ausgeprägt: stundengebet (so viel als möglich, wenn der alltag es zulässt), gottesdienst (ich gebe zu, dass ich nur die "ordentliche" form kenne (und liebe); die "außerordentliche" beobachte ich mit interesse, hatte aber noch nicht die gelegenheit ... was eigentlich abgesehen von äußerlichkeiten den unterschied ausmachen soll, ist mir auch nicht ganz klar), lektorenamt, choralschola, kirchenchor. und natürlich der stete versuch, das alles auch über das rein liturgische hinaus zu leben - christ ist man ja nicht nur durch gottesdienstbesuch (oder?), sondern durch entsprechend inspiriertes handeln. und das ist dann auch der punkt, wo es regelmäßig schwer wird und weh tut. naja, ich arbeite dran.

und im dialog mit menschen, christen wie andersgläubigen (was atheisten natürlich einschließt), ist mir aufgefallen, dass eine gewisse ironische distanz zum eigenen standpunkt auch bei glaubensfragen recht gedeihlich wirken kann. der eine oder andere scherz lockert so manches gespräch auf und erweicht eigentlich verhärtete fronten. das muss ja nicht gleich in zugeständnisse ausarten.

liturgie ist spannend. gregorianik rockt. johann sebastian bach und max reger sind die größten. so.

bin ich also ein internet-taliban?

hoffentlich nicht, aber: Katholik ? : Allerdings !

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